30. April 2013 - Edinburgh
Während in Mitteleuropa die Hexen ihr
Unwesen an der Walpurgisnacht trieben, gab es zu heidnischen Zeiten
in Schottland einen ganz anderen Brauch, den Sommer willkommen zu
heissen, der dieses Jahr bekanntlich auf sich warten lässt. Zudem
ist es mein letzter Tag auf reisen. Es ist also dringend an der Zeit,
Vorbereitungen für Daheim zu treffen – In diesem Falle, den Sommer
herbeirufen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Anna, ihre Mitbewohnerin und Flo waren
am Start und gleich nachdem Flu und ich die letzten Besorgungen
gemacht hatten (Ich hab mir einen geilen alten Flachmann im
Burrberymuster und ein antikes Fotobüchlein über die Isle of Skye
geholt) gings ans vorglühn und dann ab auf den Carlton Hill. Es gibt
glaube ich keinen authentischeren Ort um so ein Fest zu feiern und
das dachten sich wohl auch die Anderen Zehntausend, die mit uns da
oben waren. Klar verloren wir uns und wir haben ja keine Handys um
uns wieder zu finden. Das minderte die Stimmung keines Wegs.
Begeistert beobachteten Flu und ich die Prozession der Mai-Königin,
begleitet vom Grünen Mann. Alle rar und sexy in altem Fummel
gekleidet und bunt angemalt, das alles im flackernden Licht tausender
Fackeln und Feuerinstallationen. Schon ziemlich geil, muss ich sagen.
Besonders Aufmerksamkeit erregen die
sogenannten „Reds“. Kleine Feuerteufelchen, Männlich wie
weiblich, rot angemalt und nur stoff um die Lenden tragend. Gerüchte
besagen, dass diese Artisten sich verpflichten 6 Monate keinen Sex zu
haben um dann in dieser Einen Nacht alles auszuleben und die Queen zu
inspireiren. Wie kleine Minions wuseln sie durch die Performances,
schlagen Trommeln, strecken Zungen raus und zeigen einander was
Verführung bedeutet. Ich mag es, am letzten Abend noch mal etwas Feuer und Flamme um mich zu haben.
Der Sommer hielt aber nicht genau in
diesem Moment seinen Einzug (Stimme aus dem off: Hat er bis heute
nicht, die Sau), was uns dazu bewegte, das Gebiet zu verlassen und
bevor die Bars schliessen, noch das einte oder andere Bier zu
zwitschern. Wir traffen die Anna wieder, die sich den Kopf hielt und
ihr Gesicht verdeckt. Es dauerte ne ganze Weile, bis sie damit
rausrückte. Aufm weg Zurück von der Toilette ist die Dame über
eine Verkehrsberuhigung auf der Strasse gefallen, die sie im Eifer
des Gefächtes nicht sehen konnte. Nun zeigte sie auch ihr Gesicht.
Lippe aufgeschwollen, als hätte sie beim Boxen verlohren, Jeans
zerrissen und überall Blut. UUUfff. Aber die Alte blieb hart und
trank noch ein Bier mit.
Ja, es sollte dann auch das letzte Bier
gewesen sein. Zwar nur eines von vielen auf dieser Reise. Mensch, was
haben wir uns mal wieder um den Planeten gesoffen. Aber dieses Bier
wird in Erinnerung bleiben. Auch wenn die Stimmung schon mal heiterer
war, ich spüre in mir einen inneren Frieden und kann es kaum
erwarten morgen den Flieger zu besteigen, denn die Zeit ist reif.
Ich fühle mich sehr inspiriert von
diesem Abend und auch sehr beeindruckt.
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